filmfest 2004 - die gewinner und weitere ausgewählte filme

[05.12.2004]


42 kurzfilme in 3 tagen. eine menge stoff für den filmfreund wurde im rahmen des filmfestes 2004 an der heinrich-heine-universität düsseldorf geboten. entire electro stellt hier eine auswahl der filme nocheinmal näher vor.


"plus"

gewinner des jurypreises

in einfacher aber eigentümlicher manier auf zeitungspapierstücke gezeichnet, präsentiert uns dieser animationsfilm einen traurigen aber lebensnahen auschnitt des gemeinsamen altwerdens. zwei figuren, offensichtlich mann und frau, er hält ihre hand, sie liegt im [sterbe] bett. im kamin knistert ein feuer, die letzte gemeinsame zeit brennt herunter. sie betrachten rückblickend die fotos an der wand. sie zeigen stationen ihres lebens, von der ersten begegnung über das doppelte ja-wort bei der hochzeit bis hin zum gemeinsamen abendessen im alter. kleine ausschnitte aus einem erfüllten leben. für einen kurzen moment erwacht die erinnerung noch einmal zum leben, gibt einen einblick in die längst vergangene zeit. am ende ist auch das ehepaar wieder still und wird bald selbst zum foto, zu einer erinnerung.


"fliegenpflicht für quadratköpfe"

gewinner des publikumspreises

was tut ein das-blicken-an-die-decke-gewaltig-satt-habender 22jähriger Berliner um diesem zustand ein ende zu setzen? ein film über die unkonventionellen langeweileverscheuchungsmethoden eben jenen berliners. er interagiert im film mit plakatwänden, in deren darstellungen er eintaucht, ohne dass dafür komplizierte digitale filmtechnik benutzt wird. der film bleibt angenehm lebensnah, ein film direkt von der straße, der die auswahl des ausschnittes, das arrangement der szenen über aufwendige tricktechnik stellt. den zuschauenr hats gefallen, nach zwischenzeitlichem szenenapplaus gab es am ende auch den publikumspreis.


"die große freiheit"

unser favorit

das erste date, alles scheint perfekt. gemütliche atmosphäre, ein glas wein, kerzenschein in einer berliner wohnung. doch irgendwie gerät das gespräch zwischen der jungen finnin und ihrem norwegischen noch-nicht-freund ins stocken. bis sie auf die idee kommen, sich nicht weiter auf deutsch zu unterhalten, sondern in ihre jeweilige muttersprache zu wechseln. zwar versteht die der jeweils andere nicht, aber in ihr ist sich einfach besser auszudrücken.
was folgt ist ein doppelter monolog, gehalten auf norwegisch von ihm und auf finnisch von ihr. immer schön abwechselnd, nur eben ohne interaktion. es geht um das senden oder nicht senden eindeutiger signale, um verrückte emailadressen wie nurfansdesfcsanktpaulihabeneinelebensberechtigung@web.de und möglichkeiten, die kommunikation in firmen zu erhöhen. um die perfekte geschwindigkeit die augenbrauen hochzuziehen und das generationsübergreifende training dessen und um menschen, die einfach mal zuhören können.
ohne sich zu verstehen, finden die beiden doch zueinander, vielleicht, weil sie sich so doch am besten verstehen, ohne die leeren worthülsen des smalltalks wegfiltern zu müssen. das ganze geplänkel, das falsche verzögern, abwarten und stückweise sich-selbst-freigeben fällt einfach unter die sprachbarriere. eine von der idee bis in den dialog wohlgeformte meisterleistung!


"herr heinze"

der anspruchssieger

eins vorneweg, dieser film war eine dokumentation, die dargestellten personen gibt es wirklich. auch jenen titelhelden, bei dem man sich zu beginn fragt, was er da eigentlich erzählt. undeutlich, hektisch und vernuschelt berichtet er von einem tresor, den er erfolglos aufzukriegen versucht hat. was er mit dem darin befindlichen geld wollte, klärt sich erst im verlauf der folgenden 20 minuten.
herr heinze hat fast sein gesamtes leben in offener oder geschlossener therapie verbracht, spielsucht war einer der gründe. mit entwaffnender offenheit erzählt er aus seinem leben, von seinen sorgen, seinen hoffnungen, seinen plänen. er sei nun über vierzig jahre alt, andere hätten längst familien, einen guten job, ein haus, er habe nichts erreicht. eine eigene familie will er mittelfristig nicht gründen, wie solle er sich auch um eine familie kümmern, er habe ja sein eigenes leben nicht mal im griff, sagt er.
der film verzichtet auf einen kommentar, verbindet lediglich die ausschnitte aus den gesprächen mit herrn heinze mit aufnahmen aus dem heim, in dem zu diesem zeitpunkt lebte. so gelingt eine beeindruckende studie eines menschen, der erfolglos versucht, sein leben in den griff zu bekommen, ohne auf irgendeine weise anklagend oder gar lächerlich zu wirken.


"alles banane"

absurder humor in bestform

„fear and loathing in las vegas “ meets „bube, dame, könig, gras“ meets „ germany “. zwei junge männer rauchen gerne bis oft semilegales substrat. im rausch enstehen ideen und bilder in ihren köpfen die geschickt gemäß den einwänden und realitätsrückfindungen des anderen modifiziert werden. da kommt die maske beim überfall auf die tanke gelegen, denn „der typ, der kennt dich doch“. ja, es wird geschossen und auch transvestiten in cabrios spinnen sich ein in die handlung. und alles geschieht als kopfsache. verrückte einfälle, konsequent durchgezogen. man möchte wissen, was diese filmemacher in spielfilmlänge produzieren würden.


"muttertag"

schwarz, englisch, wortkarg

immer wenn der sohn nachhause kommt, findet er die anweisung seiner mutter in form von klebezetteln in der wohnung vor. so macht er sich jeden tag nach dem abendessen an die arbeit, dinge zu erledigen, die seine mutter nicht erledigen kann, oder will. zufrieden sehen sie beide nicht aus. die mutter nicht, wie sie vor dem fernseher sitzt, der sohn nicht, der auch nach der arbeit nicht entspannen kann. so wird eine defekte klingel zum wendepunkt für beide. die klingel sprüht funken, wenn man sie benutzt, so ist das letzte, was die mutter in ihrem leben zu sehen bekommt, bevor ihr sohn an der tür klingelt, einer jener kleinen gelben klebezettel, die sie so gerne benutzt hat, um ihrem sohn aufträge zu erteilen. aufschrifft: "gashahn defekt".


"prank"

parodie und scheindokumentation

die ganzen casting shows, die neue mtv „real life“ ästethetik alles themen dieses films. ein fiktionales lifestyle magazin will sich etablieren und castet einen abend in einem club, besonders in den sanitären anlagen. einige der teilnehmer und alle "prank" mitarbeiter sind jedoch schauspieler. der englische „prank“ ist nur ein streich eine kleine List ohne jemanden schaden zuzufügen. mit bunter clubmusikexpertise bewaffnet und pseudo reality untertiteln entfaltet der film eine sehr wirkliche atmosphäre. die schauspieler sind schwer von den echten testobjekten zu unterscheiden. unheimlich gut und neuartig zugleich. die antwort auf das fernsehprogramm unserer tage. 


"making of schützenfest"

wer kennt sie nicht die überdekorierten und klischeebeladenen „making of…“ selbstbeweihräucherungen des filmgeschäfts. doch bei „schützenfest“ ist alles anders. das nur angedeutete und arg schrullige früher tatort setting des films belustigt durch fadenscheinige dramaturgie. die falschheiten des vermeintlich „paradiesischen“ klimas innerhalb der crew, die obligate wertschätzung an die „herrausragenden“ kollegen, und die „beeindruckende“ tricktechnik werden hier wie eier in die pfanne gehauen. mittelschräge persiflage eines misstandes im filmgeschäft mit hervorragenden schauspielern, die belustigend exaltierte schauspieler mimen.

[mw] [jw]



der neue präsident der vereinigten staaten von amerika ist der alte
das analoge ende - die antenne wird digital











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